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Predigt am 1. Advent über Matthäus 21 mit Einführun des Kichenvorstandes
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Predigt am 1. Advent über Matthäus 21 mit Einführun des Kichenvorstandes

Predigt vom 29.11.20 (Pfarrer Frank Bohne) Ort: Martin-Luther-Kirche

Evangelium des Tages - Matthäus 21, 1-11

Als sie nun in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Betfage an den Ölberg, sandte Jesus zwei Jünger voraus und sprach zu ihnen: Geht hin in das Dorf, das vor euch liegt. Und sogleich werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Füllen bei ihr; bindet sie los und führt sie zu mir! Und wenn euch jemand etwas sagen wird, so sprecht: Der Herr bedarf ihrer. Sogleich wird er sie euch überlassen.
Das geschah aber, auf dass erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten, der da spricht (Sacharja 9,9): »Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen, dem Jungen eines Lasttiers.«
Die Jünger gingen hin und taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, und brachten die Eselin und das Füllen und legten ihre Kleider darauf, und er setzte sich darauf. Aber eine sehr große Menge breitete ihre Kleider auf den Weg; andere hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. Das Volk aber, das ihm voranging und nachfolgte, schrie und sprach: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!
Und als er in Jerusalem einzog, erregte sich die ganze Stadt und sprach: Wer ist der? Das Volk aber sprach: Das ist der Prophet Jesus aus Nazareth in Galiläa.

Liebe Gemeinde!
Es war ein neuer, frischer Tag. Ein wenig trübe vielleicht. Die morgendliche Luft durchströmte die Lungen und erfrischte die Glieder. Da zog er ein. Tür und Tor standen an diesem Tag tatsächlich offen. Bei festlicher Musik. Eine richtige Prozession. Menschen standen für ihn Spalier. Der sagenhafte „rote Teppich“ war es nicht, den man  ausgerollt hatte. Der Stoff, über den er schritt, war eher  schlicht und schon ein wenig verschlissen. Ein paar Leute sangen an diesem Tag ihr Hosianna aus vollem Halse. Andere brummen zaghaft mit. Mancher lächelte ihm zu. Denn sie kannten ihn. An diesem Tag waren sie extra seinetwegen gekommen. Und was empfand er, als er durch die Menge schritt? Gewiß war da Freude: Es tat gut, hier zu sein. Dachte er schon an die Sorgen – die ihn und andere in der Stadt bewegten? Oder waren sie verflogen bei einem so schönen Empfang? Vielleicht sann er ja schon nach ...darüber, was die nächste Zeit wohl bringt ... Wo würden dann die vielen Leute sein? Wenn auch Unbequemes zu sagen wäre? Würde man auch dann noch auf ihn hören? Oder würden sich viele aus dem Staube machen, aus Furcht, selber in Beschlag genommen zu werden? Würde es später noch ein paar geben, die ihn halten, ihn stützen? Oder würde er am Ende der Esel sein, verraten und verkauft... Er wünschte sich die Kraft, durchzuhalten. Einzustehen für Gottes Reich, und sich von Gott getragen wissen. Seiner Zusage vertrauen: „Fürchte dich nicht! Du bist mein Sohn. Du gehörst zu mir! Ich bin bei dir, was immer geschieht. Ich bin da, wenn‘ s schwer wird. Selbst dann wenn andre dir übel mitspielen werden.“
Was dachte und empfand dieser einzelne Mensch an jenem Tag? Als Tor und Tür weit geöffnet wurden für ihn, damit er einziehen kann?
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Sicher denken Sie jetzt, ich rede vom Einzug Jesu in Jerusalem. Was denkt, was empfindet Jesus, als er hineinzieht in die heilige Stadt. Doch ich stelle diese Fragen heute bewusst mit Blick auf einen anderen Einzug: auf den Einzug von 12 Kirchvorstehern vor 6 Jahren hier im Gottesdienst. Was ging ihnen damals durch den Kopf?
Manche haben den Einzug zum ersten Mal erlebt, andere schon mehrmals. Und auch da waren Fragen:  Worauf lasse ich mich hier bloß ein, und was erwartet mich? Wird es Unterstützung geben, werden mich Geschwister tragen – oder werde ich allein dastehen auf weiter Flur? Wird es gut gehen bei uns bis zum Ende der Legislatur, werden wir - um der Sache willen - aneinander geraten?Wird es dann auch Versöhnung geben?
Auch in Kirchvorständen gibt es „alte Hasen“. Gott sei Dank. Gestandene Geschwister mit einem Schatz an Erfahrung: Geistlichen Erfahrungen wie auch den ganz praktischen. Wie so was geht, Gemeinde zu leiten. Und doch kommen immer wieder neue Herausforderungen dazu, die selbst erfahrene Kirchenälteste verunsichern können. Schaue ich nur auf die letzten Monate zurück, mussten wir von Sitzung zu Sitzung immer wieder neu entscheiden, wie das gehen soll: Gemeinde sein in Zeiten einer Pandemie… Langweilig war es jedenfalls nicht.
Was unter den Hosianna–Gesängen von Kirchenchor und Gemeinde am 1. Advent vor 6 Jahren begann, das hat Sie auch in schwierige Situationen geführt. So ist dieses „ganz-persönlich-nehmen“ unseres Bibelwortes durchaus erlaubt. Warum denn nicht! Bei andern Abschnitten der Bibel tun wir‘ s doch auch.
Solange uns bewusst bleibt: Wir waren und wir sind nicht Jesus. An uns hing und hängt auch nicht das Heil dieser Welt. Es hängt an diesem Einen: an Christus, der damals einzog in Jerusalem.

Was diesen Jesus erwartet, wissen wir. Als christliche Gemeinde können wir heute, am 1. Advent, ja nicht so tun, als wüßten wir nicht, was bei jenem Einzug damals herausgekommen ist: Die Evangelien berichten es uns in den folgenden Kapiteln. Und im Laufe des Kirchenjahres werden wir hören, was Jesus in dieser Stadt erleben und erdulden muss. Jesus legt sich mit den Mächtigen an. Mit denen am Tempel, und auch mit denen, die politisch am Ruder sind. Das „Hosianna“ der Leute vor den Toren wird bald umschlagen in das „Kreuzige!“ vor Pilatus. Der Davidssohn endet als verspotteter König auf Golgatha. Tatsächlich, ein Eselskönig. Wer sich so schutzlos in die Höhle des Löwen begibt – und es weiß! – der muss mit einem bittern Ende rechnen. So werden wir die heutige Geschichte im kaum 4 Monaten ein zweites Mal hören. Am Palmsonntag. Dann in der etwas anderen Version des Johannes.

Jesus kommt, zieht in Jerusalem ein… - das ist so etwas wie ein Fixpunkt im Kirchenjahr. Das ist zugleich eine unendliche Geschichte. Sie kommt aus der Vergangenheit des Volkes Israel, sie setzt sich in der Gegenwart fort, und sie reicht bis weit in die Zukunft: Sie ist wie ein großer, alter Baum. Die Krone dieses Baumes, das wird der letzte Advent, die Ankunft Gottes. Der Glaube, dass Jesus noch einmal wiederkommt als Herr von Raum und Zeit, und wir als seine Gemeinde auch dann wieder das Hosianna singen. Den Stamm bildet unsere Gottesdienstliturgie seit Jahrhunderten: Wenn wir Abendmahl feiern, vollziehen wir den Einzug Jesu in Jerusalem mit: wenn wir singen, was die Menge damals schrie: „Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!“ Der Stamm des Baums hat schließlich Wurzeln, die weit zurück reichen in der Bibel: König David lässt seinen Sohn Salomo auf einem Esel in Jerusalem einreiten, zum Zeichen dafür, dass er sein rechtmäßiger Nachfolger ist. Der Einzug des Königs auf dem Eselstier ist dann zur Chiffre geworden: für eine gute, heile Zeit. Der König, den Gott sendet, der kommt in friedlicher Absicht. Er bringt den Schalom. Frieden, wie Gott ihn will. Denn sonst hätte er das kräftige Schlachtross gewählt.

So singt auch Sacharja als einer der letzten Propheten im Alten Testament von diesem König: Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer. Arm … und reitet auf einem Esel, ja noch viel weniger, auf dem Füllen einer Eselin...“

An diese Hoffnung, an diese Verheißung knüpft Matthäus an. Deshalb lässt er sein Evangelium mit den Worten beginnen: „Das ist die Geschichte von Jesus, dem Christus, dem Sohne Davids...“ Und dieser Absicht seines Erzählens ordnet er auch alles andere unter. Das kann man erkennen, wenn man die anderen Berichte über Jesu Einzug neben den des Matthäus legt: Was sich bei Markus wie eine Anekdote zur Entwendung eines Maultiers liest, das ist bei Johannes zum Auflauf von Schaulustigen geworden. Ohne dass auch nur einer irgend etwas versteht. Sie wollen nur gaffen, wie der, der Lazarus aus dem Grabe rief, in die Tempelstadt kommt, und was dort nun wohl an Spektakulärem geschieht... Bei Matthäus ist es anders. Er will Antwort geben! Erzählen, wer dieser Jesus ist. Deshalb ist es ihm „wurscht“, wie viele Leute dabeigestanden haben, ob nun drei oder dreihundert. Wichtig ist, sie merken: Dieser Jesus ist der Messias! Ihm ist auch egal, was die Menge gesungen hat: Ob nun ein Wallfahrtslied für Pilger, oder tatsächlich das „Hosianna“, wie es im Buche steht... Er will, dass sich die Leser an den Gesang des Propheten Sacharja erinnern. Unter allen anderen Gesängen genau an diesen einen!

Tochter Zion, freue dich. Sieh, dein König kommt zu dir.
Hosianna, Davids Sohn, sei gegrüßet, König mild.“

Was uns dank Händels Adventschoral vertraut geworden ist, ist damals für einen Juden das Höchste der Gefühle: Nach dem Auf und Ab der Geschichte, einem endlosen Knäuel von Hoffnung und Enttäuschung, von Blut und Gräueln wird ER kommen: der König, den Gott erwählt. Er wird sich ganz in Gottes Hand begeben, wird ganz für seine Botschaft leben. Wenn ER kommt, dann ist Gottes Reich zu sehen und zu schmecken. Dabei setzt er nicht auf Macht und Gewalt. Dieser König will überzeugen durch seine Armut, seine Freundlichkeit, sein Erbarmen. Durch seine Haut, die er selbst dafür zu Markte trägt. Das ist es, was Matthäus seiner Gemeinde sagen will: Hört auf Sacharja und seht, wie mit Jesus dieser König zu euch kommt. Und hört auch, wie ER mit Sanftmut kommt! So heißt es auch an anderer Stelle bei ihm. „Kommt her zu mir und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig ...“ Er, der von Gott Gesandte, wendet sich den Mühseligen und Beladenen zu, holt sie so in Gottes Erbarmen zurück. In IHM bekommt Gottes Erbarmen ein Gesicht. Ein Erbarmen, das die Beschenkten dann selber „sanftmütig und barmherzig“ macht, wie es in den Seligpreisungen des Matthäus heißt.

Der hohe und niedrige Christus kommt in seine Welt. Er steht vor den Toren Jerusalems und zieht ein. Und auch dort – „in der Höhle des Löwen“ – wagt er es, sanftmütig zu sein. Sanftmut heißt: Den Mut zu haben, sanft zu sein. Solcher Mut zur Sanftheit schließt den Besen in der Hand und das Umkippen von ein paar Tischen – wenn's sein muss – nicht aus. Jesus – du sanfter Rebell! Für Matthäus ist dieser Jesus der Verheißene. Durch sein Sterben und Auferstehen ist er zum Christus geworden. So bringt er Gottes Erbarmen, seinen Frieden in die Welt. Schaut hin, hört zu, wenn dieser Jesus zu euch kommt. „Wer ist dieser?“ fragen die Leute von Jerusalem am Ende unser Geschichte. Und die Menge antwortet, „es sei der Prophet Jesus von Nazareth aus Galiläa.“ Das ist zumindest ein Anfang. „Wer ist dieser Jesus?“ Diese Frage wird auch für uns der Schlüssel zum Advent. Wer ist der, der da einzieht? Der da ankommt? Was fängt da mit IHM an, was kommt da auf mich zu? Er ist der Christus, mein Heiland und mein Retter, der Herr dieser Welt. Er hat diese Welt nicht sich selbst überlassen, sondern wird sich am Ende der Zeit erneut als der Kommende erweisen. Die Antwort auf diese Frage hilft. Sie hilft dir und mir zu verstehen, was in diesem Jahr mit einer so ganz anderen Advents- und Weihnachtszeit letztlich entbehrlich ist: Weihnachtsmärkte und Weihnachtskonzerte. Der üppige Familienbrunch, der Skiurlaub über die Feiertage … all das ist entbehrlich.  Es ist schmerzlich, das an einer Pandemie zu lernen.

Solange ich ein paar Menschen begegne, mit denen ich mich besinnen kann auf den, der da kommt! Auf den, der mir den Mut gibt, auszuhalten. Sanft zu werden. Von ihm zu lernen, es ihm gleich zu tun... Die Antwort klärt auch etliche der Fragen, die einige Kirchvorsteher heute sicher mit zur Kirche bringen: Was erwartet mich in der neuen Aufgabe? Was wird mich dabei tragen und mir helfen? Es ist die verwegene Zuversicht in diesen Einen, der da kommt. Der SEIN Reich bauen will, mitten unter uns. Und wir dürfen ihm zur Hand gehen, hier in Markkleeberg. So angefochten, so mutlos und resigniert wir manchmal sind. Denn wir sind doch Kinder Gottes. Auf Jesu Namen getauft. Der Herr ward uns zum Bruder. Deshalb kommen wir tatsächlich vor in der alten Geschichte vom inzug in Jerusalem. Wir sind nicht Jesus, Gott sei Dank. An uns hängt nicht das Heil der Welt.

Wir sind auch nicht der Esel, der zum Packtier für die andern wird und alle Last zu schleppen hat. Wir sind aber auch nicht wie die Leute, die am Rande stehen und winken, und sich dann verdrücken, wenn es brenzlig wird. Wenn es tatsächlich Schweres gibt, das zu bewältigen ist. Wir dürfen sein wie die Jünger: Wir folgen seiner Spur. Wir geh’n ihm hinterher. Ob die Leute nun jubeln und Beifall klatschen, oder ob sie murren und über uns reden. Und das gilt im Übrigen nicht nur für die Frauen und Männer im Kirchenvorstand. Das gilt für jeden ehrenamtlichen Helfer. Das gilt für jeden mündigen Christen, der sich zu seiner Gemeinde zählt. Auch für die, die noch am Rande stehen.

Wer ist der, der da kommt? ER ist der gute Anfang, und auch das gute Ende. Das A und das O. Mitten in unserem Leben. Die Sanftmut Gottes, die in unsern Alltag einziehen will, und dessen Tür für uns schon offen steht. Zu IHM können wir singen, heute, im Advent, und an allen Tagen unseres Lebens. „Gelobt sei, der da kommt, im Namen des Herrn. Hosianna in der Höhe.“   Amen.

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Pfarrer Frank Bohne
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